Übersetzt werden kann Dyskalkulie mit „Rechenstörung“, der Schwierigkeit, das Rechnen zu erlernen. Sie ist eine sogenannte Teilleistungsstörung wie beispielsweise die Lese-Rechtschreib-Störung. Im allgemeinen Sprachgebrauch hört man häufig auch den Begriff der Rechenschwäche. Dieser ist nicht gleichzusetzen mit Dyskalkulie, diese ist nämlich eine offizielle Diagnose.
Forscher*innen gehen davon aus, dass ein bestimmtes Mengenverständnis sogar angeboren ist. Dieses und das Verständnis für Zahlen werden im Kindergarten vertieft und gehören zu den sogenannten Basiskompetenzen des Rechnens. Kindern mit Dyskalkulie fehlt dieses Mengenverständnis und die Fähigkeit zu zählen oder sie haben Schwierigkeiten damit. Das fällt häufig auch schon vor der Schule auf. Fehlen diese Basiskompetenzen, können die Grundrechenarten nicht erlernt werden.
Erste Anzeichen können Schwierigkeiten beim Zählen sein, auch beim Schreiben von Zahlen, dem Ablesen der Uhr. Oder das Kind bringt Zahlen durcheinander, die „vierundfünfzig“ wird dann zu einer „45“.
Ursachen für eine Dyskalkulie
Um Zahlen und Mengen zu erkennen, Grundrechenarten zu beherrschen und Aufgaben zu lösen, müssen viele Regionen im Gehirn zusammenarbeiten. Bei Dyskalkulie geht man davon aus, dass diese Gehirnregionen verändert sind oder sich anders entwickelt haben. Deshalb arbeiten sie nicht so zusammen, wie es nötig wäre. Außerdem braucht es auch noch andere Bereiche zum Rechnen, so etwa das Arbeitsgedächtnis oder ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit. Andere Fähigkeiten und auch die Intelligenz liegen bei einer Dyskalkulie aber im normalen Bereich. Woher die Rechenstörung kommt, ist noch nicht ganz klar. Manchmal kommt die Dyskalkulie auch bei Kindern mit einer ADHS-Diagnose vor.
Bei betroffenen Kindern kommen zur Rechenstörung an sich meist noch andere Schwierigkeiten: Konflikte in der Schule auf Grund schlechterer Leistungen, geringe Motivation, Traurigkeit, Scham und Angst, vor allem vor dem Fach Mathe.
Diagnostik und Unterstützung
Fällt Eltern eine Rechenstörung auf, sollten sie das Gespräch mit der Lehrkraft suchen. Der/die behandelnde Kinderärzt*in verweist zur Abklärung an eine Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut*in oder Psychiater*in. In der Diagnostik wird der allgemeine Entwicklungsstand des Kindes überprüft und neurologische Untersuchungen durchgeführt. Kann das Kind ausreichend sehen und hören? Wie sehen die schulischen Leistungen aus? Auch die äußeren Faktoren und Bedingungen, wie zum Beispiel das soziale Umfeld, werden betrachtet und Gespräche mit Eltern und Lehrkräften geführt.
Etwa drei bis sechs Prozent der Kinder im Schulalter sind von einer Dyskalkulie betroffen und benötigen eine passende Therapie. Dabei werden zunächst die Eltern über die Störung genau aufgeklärt, damit sie richtig damit umgehen können. Die Kinder werden psychotherapeutisch begleitet und ihre Rechenfähigkeit gezielt gefördert. Das Rechnen mit Gegenständen hilft, ganz anschaulich ein Mengen- und Zahlenverständnis herzustellen. Erst danach arbeiten die Kinder mit Arbeitsblättern und üben das Kopfrechnen. Dabei helfen Belohnungen, sogenannte „Tokens“, das Kind zu motivieren. Dadurch entsteht oft eine Besserung, manche Kinder erreichen sogar ähnliche Fertigkeiten wie ihre Mitschüler*innen.
In der Schule können Eltern einen Nachteilsausgleich für das Fach Mathematik beantragen. Das Kind wird evtl. dann nicht genau so bewertet wie Kinder ohne Dyskalkulie und bekommt je nach Bundesland zum Beispiel mehr Zeit für die Bearbeitung von Aufgaben. Oft gibt es auch Förderunterricht für Kinder, die in Mathematik schlechtere Leistungen haben.
Wichtig ist, sich selbst und dem Kind keinen Druck zu machen, denn das schadet nur. Auch einen Grund oder die Schuld dafür bei jemandem zu suchen, ist nicht hilfreich. Eltern können helfen, das Selbstbewusstsein zu stärken, indem sie das Kind immer wieder motivieren und die Bereiche fördern, in denen es gut ist, damit es auch Erfolge feiern kann.
Nicole Kaiser
Beitragsbild: istock – gpointstudio
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